Ein Foto am Predil Pass

Der Predilpass ist an seiner höchsten Stelle 1156 Meter hoch und verbindet die Orte Tarvisio (dt. Tarvis) und Cave di Predil (dt. Raibl) in Italien mit Bovec (dt. Flitsch) in Slowenien. Die Nutzung dieses alten Passes über die Julischen Alpen geht bis ins 13. Jahrundert zurück, aber antike Funde entlang der Straße belegen eine weitaus frühere Nutzung. Das Tal von Bovec/Flitsch und das Trentatal waren bis zum Bau der Straße über den Mojstrovkapass (heute Vrsic Pass) 1915 nur über den Predil zu erreichen. Überquert man die Berge an dieser Stelle,  so kann man ab Bovec/Flitsch auf ebenen Wegen im Tal bis zur Adria gelangen. Diese Tatsache war natürlich militärisch bedeutsam und so wurde der Pass durch alle Epochen hindurch militärisch befestigt.

Das Denkmal für  Hauptman Johann Hermann von Hermannsdorf  und seine tapferen Soldaten in den Jahren vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Sammlung Isonzofront.de
Das Denkmal für Hauptman Johann Hermann von Hermannsdorf und seine tapferen Soldaten in den Jahren vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Sammlung Isonzofront.de

Bereits in den Koalitionskriegen wurde der Pass zum strategischen Punkt. Im Jahre 1808 hatte der österreichische Hauptman Johann Hermann von Hermannsdorf eine Befestigung aus Steinen und Baumstämmen ober und unterhalb der Straße angelegt in Erwartung eines Angriffs der napoleonischen Armee. 1809 kehrte er zurück und wollte die Feldbefestigung verstärken aber die Franzosen marschierten schon auf der Passstraße. Die tapferen Verteidiger unter Hauptmann Hermann kämpften bis zum letzten Mann, konnten aber die Einnahme durch die Franzosen am 18. Mai 1809 nicht verhindern. Die Franzosen eroberten eine Feldbefestigung voller Leichen, nur einige wenige Verteidiger hatten sich tot gestellt und konnten ihnen so entkommen. Sie berichteten am Hofe des österreichischen Kaisers Ferdinant dem I. vom Schicksal ihrer Kameraden.

Im Jahre 1848 wurde an der Stelle der alten Feldbefestigung eine neue gemauerte Festung errichtet, deren Ruinen noch heute von der Straße aus zu sehen sind. Sie befand sich noch in der Zeit des Ersten Weltkriegs in gutem Zustand wie das zeitgenössische Foto zeigt. Unmittelbar an der Straße errichteten die Österreicher ihrem Hauptmann Hermann und seinen Männern ein Denkmal um an ihre Taten zu erinnern. 

1881 begann man auf der slowenischen Seite des Passes mit dem Bau der Flitscher Klause (slowen. Kluze) einer gemauerten Festung unweit von Bovec am Fuße der Passstraße. Obwohl die Flitscher Klause zu Kiegsbeginn nicht mehr dem Stand der Waffentechnik entsprach blieb sie den ganzen Krieg über unbeschädigt, da sie für die ital. Artillerie im toten Winkel lag. Dennoch erkannte man um die Jahrhundertwende, dass die vorhandenen Festungen moderner Artillerie nicht mehr stand halten würden und begann sowohl oberhalb der Flitscher Klause mit dem Bau des Fort Hermann wie auch auf der heute italienischen Seite mit den Forts am Raibler See und unweit der Passhöhe mit der Batterie Predil-Sattel. Alle drei Festungen wurden noch vor Kriegsausbruch fertiggestellt, allerdings hatte sich bis dahin die Waffentechnik entscheident weiterentwickelt. Bei Kriegsausbruch beschossen die Italiener alle drei Forts schwer und sie mussten aufgegeben werden bzw. die Geschütze an andere Orte verbracht werden. 

 

Deutsche Soldaten überqueren den Predil Pass mit einem LKW. Im Hintergrund die noch intakte Festung und der Mangart. Sammlung Isonzofront.de
Deutsche Soldaten überqueren den Predil Pass mit einem LKW. Im Hintergrund die noch intakte Festung und der Mangart. Sammlung Isonzofront.de

Vom ersten Tag des Krieges an lag der Predil in der Reichweite der italienischen Artillerie, dies änderte sich den gesamten Krieg über bis zur Offensive im Oktober 1917 nicht. Der Weiler Predel auf der Passhöhe wurde zusammengeschossen und brannte aus. Das führte dazu, dass die Straße als Nachschublinie für die Front im Flitscher-Becken nur bei Nacht oder bei schlechter Sicht genutzt werden konnte. Diesen Umstand hatte man jedoch bereits bei Kriegsausbruch erkannt und mit Hochdruck begonnen den Saumpfad über den Mojstrovka-Pass von Kranjska Gora (dt. Kronau) nach Trenta zur Straße (heute Vrsic-Pass) auszubauen. Dazu zog man insbesondere russische Kriegsgefangene heran die unter unmenschlichen Bedingungen hart abreiten mussten. Viele von ihnen fanden den Tot und niemand weiß mehr wo sie beerdigt wurden (siehe auch Militärfriedhof Trenta). Der ungeheure Einsatz von Menschen, die man wie Kriegsmaterial behandelte führte dazu, dass die Straße bereits zum Jahresende 1915 befahrbar war. Zusätzlich hatte man noch eine Seilbahnverbindung von Kranjska Gora nach Trenta errichtet, so dass sich die Versorgungslage der Front entspannte. 

Dennoch verlor der Predil nicht ganz seine Bedeutung. Nach wie vor war man auf die Bahnverbindung nach Tarvisio (dt. Tarvis) angewiesen. Im Gegensatz zu anderen Fronten des Ersten Weltkrieges war das Gebiet an der oberen Soca infrastrukturell nahezu unerschlossen und die wenigen Bahnstrecken unverzichtbar. Abhilfe konnte hier nur der sogenannte Kaiser Franz Josef I. Hilfsstollen schaffen. Dabei handelte es sich um einen 4800m langen Bergwerksstollen welcher Log pod Mangartom (dt. Mittelbreth) mit dem Bergwerk in Cave di Predil (dt. Raibl) verband. 1904 war er zur Ableitung von Wasser aus dem Bergwerk in die Koritnica geschlagen worden. Die Bergarbeiter aus Bovec und Log pod Mangartom nutzten diesen Stollen schon vor dem Krieg um schneller zu ihren Arbeitsstätten im Bergwerk zu gelangen. Mit Kriegsausbruch wurde die Elektrobahn zur einer Lebensader und täglich wurden mehrere Tonnen an Material durch den Stollen befördert. Für militärisches Großgerät wie großkalibrige Geschütze blieb trotzdem nur der Weg über den Predil, denn die Straße über den Mojstrovka-Pass hatte zum

Aufnahme aus dem Jahr 2017 von fast gleicher Stelle.
Aufnahme aus dem Jahr 2017 von fast gleicher Stelle.

Schutz vor Lawinenabgängen einige Tunnelabschnitte welche für große Geschütze unpassierbar waren. Unmittelbar vor der deutsch-österreichischen Offensive im Oktober 1917 herrschte noch einmal reges Treiben auf dem Pass. Schwere deutsche Geschütze sowie unmengen an Kriegsmaterial mussten bei Nacht, Regen und Nebel über den Pass in die Bereitstellungsräume gebracht werden, nach Möglichkeit ohne von den Italienern erkannt zu werden. Das oben stehende Foto zeigt deutsche Soldaten auf einem LKW bei der Fahrt über den Predil-Pass. Im Bildhintergrund ist der 2677m hohe Mangart zu sehen und darunter die alte österreichische Festung aus dem Jahre 1848. Heute ist die Festung nur noch eine Ruine, der Straßenverlauf hat sich in den letzten 100 Jahren nur unwesentlich verändert wie das Vergleichsfoto aus dem Jahre 2017 zeigt. Die Aufnahme dürfte nach dem Durchbruch im Oktober 1917 entstanden sein, da die Aufnahme offensichtlich bei gutem Wetter und bei Tag entstanden ist und dies vor dem Durchbruch mit Lebensgefahr für jeden auf der Straße verbunden gewesen wäre. Deutsche Truppen hielten sich noch bis weit in das Jahr 1918 an der oberen Soca auf. Links unten befindet sich der Vermerk Fl.Abt.39, diese steht für Flieger-Abteilung-39. Die Fliegerabteilung gehörte zur gemeinsamen 14. Armee, war jedoch nicht im Bereich Bovec/Flitsch eingesetzt. Es liegt nahe, dass nur der Fotograf oder das Fotolabor zu dieser Einheit gehörte.  

Über die ungeheuren Anstrengungen die ein Marsch mit Geschütz über den Pass bedeuteten berichtet die Regimentsgeschichte des Feldartillerie Regiments Nr. 24 auf Seite 157:

 

"Und dann kam diese neue Plage: der Marsch über den Pass! Wenn schon der Marsch bis Raibl die Geduld auf eine harte Probe gestellt hatte, so wurde das jetzt noch viel schlimmer: Schon das Einschieben in die Marschkolonne kostete einen Kampf; und dann die Passstraße selber! War die Chaussee nach Raibl schon steil gewesen, so wurde sie jetzt noch steiler. Die Straße war in den Berg hineingesprengt, so daß linker Hand die Felswand Felswand senkrecht aufstieg und rechter Hand der jähe Abgrund gähnte. Man konnte beim Hinuntersehen schwindelig werden! Und auch auf dieser Straße zogen wieder die beiden Kolonnen, eine bergauf, die andere bergab, und wieder kamen in vermehrter Auflage die unfreiwilligen Halte. Konnte ein Wagengewirr gar nicht mehr anders gelöst werden, so wurde im abgekürzten Verfahren das Verkehrshindernis mit kräftigem Schwung in die Tiefe gestoßen. Daß diese vielen Verkehrsstockungen überhaupt vorkamen, war nur durch die mehr als mangelhafte Marschdisziplin beim Bruder Österreich möglich; denn obwohl die ganze Kolonne fast dauernd schrie: "Rechts halten!" fuhren ihre Fahrzeuge, wo es ihnen gerade passte. Aber auch das wurde überwunden, und nachdem wir viele Stunden für die wenigen Kilometer bis zur Passhöhe gebraucht hatten, ging es wieder bergab. Angenehmer wurde der Marsch deswegen aber doch nicht! Zwar hatten die Pferde nun nichts mehr zu ziehen, dafür hieß es aber jetzt aufpassen, daß die Fahrzeuge bei den zahlreichen Stopps nicht auf den Vordermann auffuhren oder beim Ausbiegenwollen womöglich in die Tiefe sausten. Denn wie es in Serpentinen bergauf gegangen war, so ging es jetzt wieder in Serpentinen bergab, man hatte also abwechselnd die senkrechte Felswand und den gähnenden Abgrund neben sich. Und war das Bergansteigen schon nicht angenehm, so war das Bergablaufen für Mensch und Pferd auf die Dauer noch anstrengender. Man spürte das eigene Körpergewicht ganz mächtig in den Knien. Am Fuße des Raibler Passes bezogen die Batterien Biwak."

Das erste Foto unten zeigt den Ort Predel auf der Passhöhe, dort wo heute die stillgelegte Grenzübergangsstelle ist. Der Ort wurde schon zu Kriegsbeginn in Brand geschossen. Das zweite Foto zeigt einen deutschen Kraftfahrer des Alpenkorps. An seiner Mütze befindet sich das Edelweiss, das Erkennungszeichen des Alpenkorps. Außerdem trägt er die für Kraftfahrtruppen typische Lederjacke mit einem Fellkragen. Das Alpenkorps und seine Kraftfahrer war im Tolminer-Brückenkopf eingesetzt.

Übersicht über die gebräuchlichen Ortsnamen damals und heute

Deutsch

 

Flitsch

Flitscher Klause

Kronau

Mittelbreth

Mojstrovka-Pass

Raibl

Tarvis

Trenta

 

Slowenisch

 

Bovec

Kluze

Kranjska Gora

Log Pod Mangartom

Vrsic-Pass

 

 

Trenta

Italienisch

 

Plezzo

 

 

 

Passo della Moistrocca

 Cave di Predil

Tarvisio


 

Quellen:

 

 

Blaukreuz von Vasja Klavora; ISBN 3-85013-287-0

Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Fritz Walter (Dienstag, 26 Dezember 2017 08:53)

    Informative Seite. In dieser Region kann man die Ruinen der österreichischen Vergangenheit noch besichtigen.

  • #2

    Reder Theodor (Donnerstag, 13 Januar 2022 11:48)

    Wir würden gerne das Bergwerk im Frühjahr besuchen und seine Geschichte des 1. und 2. Weltkrieges kennenlernen. Da wir kein Italienisch sprechen, würden wir uns eine
    deutschsprachige Führung wünschen. Ist dies möglich? meine E-Mail Adresse ist " theo@reder.eu"
    Wir würden uns über eine Antwort sehr freuen!!!!
    Mit freundlichen GRüßen Reder Theodor