Ein Aufstieg zu den italienischen Gebirgsstellungen auf der 1765 m hohen Cukla ist für jeden militärhistorisch Interessierten lohnenswert. Wenn man die Stellungen genauer unter die Lupe nehmen möchte handelt es sich um eine Ganztagestour, aber auch eine Übernachtung am Berg bietet sich an. So kann man weiter gehen zum Rombongipfel und auf der anderen Bergseite durch die österreich-ungarischen Stellungen wieder absteigen. Der Aufstieg zur Cukla ist lang aber technisch nicht besonders schwierig. Seine Wasservorräte sollte man schon im Tal füllen, im Gebirge gibt es keine Wasserquellen und auch die kleine Quelle am Einstieg ist in den Sommermonaten oft trocken. Den genauen Weg entnimmt man am besten einer Wanderkarte, die man im Zentrum von Bovec in der Touristeninformation kaufen kann. Vom Einstiegspunkt oberhalb von Bovec bei der kleinen Quelle stieg ich ca. 2 Stunden durch die bewaldeten Berghänge. Dann erreicht man die Baumgrenze und eine kleine Jägerhütte. Von hier an heißt es Augen auf, denn nun kann man überall die Reste des Großen Krieges entdecken. Ab hier benötigte ich noch ca. 1 1/2 Stunden bis zum Cuklagipfel. Der Wanderweg führt einen entlang aller wichtigen Sehenswürdigkeiten und es ist nicht notwendig den Weg zu verlassen. Gleich oberhalb der Jägerhütte findet man linker Hand die Überreste einer Sanitätskaverne, eines Altars welcher der letzte Rest einer Kapelle ist sowie eines Denkmals und eines offen gelassenen Friedhofes. Die dort begrabenen Soldaten wurden bereits kurz nach dem Krieg umgebettet, aber einige Kreuze hatten sich bei meinem Besuch noch erhalten. Folgt man dem Weg weiter, kann man große Kavernen und Mauerreste von Baracken besichtigen. Unterhalb des Cuklagipfels befinden sich ebenfalls Kavernen. Auf dem Gipfel selbst steht die in den 2000er Jahren renovierte Gipfelpyramide. Ursprünglich wurde sie nach dem Ersten Weltkrieg von italienischen Veteranen errichtet. Im Gebiet des Sattels zwischen Cukla und Rombon sind weitere Kavernen, die jedoch auf dem Normalweg nicht erreichbar sind. Folgt man dem Weg weiter erreicht man den Fuß des Rombons sowie den Einstieg zum Rombongipfel.
Die gezeigten Bilder stammen von verschiedenen Touren der letzten Jahre. Erstmals stieg ich 2007 auf die Cukla, das letzte mal war ich 2020 dort. Jeder Winter nagt etwas mehr an den Hinterlassenschaften und besonders die aus Beton gefertigten Denkmäler verschwinden jedes Jahr etwas mehr. Zum Vergleich zeige ich Fotos der Monumente aus den Jahren 2011 und 2020. Der Verfall ist auf den Bildern gut zu erkennen.
In der Linzer Tagespost vom 10. Oktober 1923 fand ich einen Tourenbericht zweier Bergsteiger und vermutlich auch Veteranen der Kämpfe auf dem Rombon. Sie gingen eine Tour ähnlich der heutigen Route nur wenige Jahre nach dem Krieg. Der ital. Versorgungsweg von Pluzna auf die Cukla ist heute nicht mehr vollständig erhalten und gangbar aber man quert ihn mehrmals beim Aufstieg. Das Schlachtfeld war noch fast unverändert und die Erinnerungen noch frisch. Viele Veteranen kehrten nach dem Krieg auf ihre ehemaligen Schlachtfelder zurück. Zu schwer wogen die Ereignisse und das Erlebte um es für immer hinter sich zu lassen. Im Folgenden der Artikel von Hans Harry Pilz:
"Reisebilder aus Italien - Auf den Rombon
In Pluzne (Anm. Pluzna), einem Dörfchen bei Flitsch (Anm. Bovec), kräht ein Hahn. Der erste vertraute Laut zwischen Sternennacht und Morgennebelwallen. Aber wir steigen schon Hangauf; langsam, bedächtig, schweigend, nur mein Gefährte und ich. Und bevor erstes Morgenlicht den Himmel durchhellt, haben wir schon den Weg erreicht, den italienische Soldaten im Kriege in die Felsen gesprengt. Für Hunderte, die einst über das Geröll emporklommen zum Kampf für Savoya, war es der letzte Weg; die Straße, die in die Ewigkeit führte . . .
Langsam dämmert der Tag. Und dann, wie mit einem einzigen Schlag aus unsichtbaren Himmelsuhren, fangen plötzlich die Gipfel und Zacken rosenrot zu leuchten an, mehr und mehr, bis die Sonne endlich aus schwarzblauen Fernen aufsteigt, ein triefend roter Riesenball, der im Nu sich zu einem goldenen Strahlending wandelt. Während sie Weg und Fels, über die wir aufwärts steigen, schon in klarstes Licht taucht, löst sich allmählich erst der weite Garten des Tales aus blauen Schatten los und der Isonzo, ein schmales Band aus rätselhaft grüner Zauberfarbe, bannt das Auge hinab in die erwachenden Tiefen. Aufwärts, ohne Rast, ohne Pause. Der Fuß, der sich zuerst nur langsam über Gerölle, das den Weg füllt, schieben mußte, kann nun hier, wo der Anstieg breiter wird, weiter ausgreifen. Zyklamen grüßen aus dem Grün, das sich mühsam an die Felsen klammert. Buchen, bresthaft und mit zernarbter Rinde, beschatten mit kärglichem Laub den Weg. Drahtfetzen hängen herein, verrostete Helme und Splitter säumen ihn. Und bis weit hinaus liegen lose Schuhabsätze im Weg. Ob sie wohl jene einst verloren, die man im Sturm herunterjagte . . . ? Der Weg wird sonniger, wärmer, der Himmel blauer und tiefer, Häuser und Gärten im Tal kleinwinzig wie Spielzeug, Pluzne, von dem wir ausgingen, leuchtet mit roten Ziegeldächern fröhlich zu uns herauf, wie in Freude über die Auferstehung aus Trümmern und Ruinen. Schon bleiben die Waldhöhen des Javorcek und Polounik unter uns, schwindet mehr und mehr das volle Grün, das uns begleitet. Der Kalk wird nackter. Man sieht Schritt für Schritt, daß Geschütze hier schon den Hang tastend ab suchten. Die Sonne beginnt zu stechen, die Luft wird dünner, der Weg verliert sich zwischen Felsen, die vom Wasser seltsam gezeichnet und bearbeitet sind. Wüste tut sich auf. Felsblöcke wuchten empor, Geröll, wie von Riesenhämmern zerklopft, brennt dazwischen wie zersponnene Weißglut. Und über alles liegen wirr und chaotisch Scherben und Trümmer hingestreut, die die Schlacht zurückließ . . .
Dann taucht plötzlich eine Galerie auf, die aus niederer Felswand Balkenwerk und halb verkohlte Sparren reckt: Inferma Rombon. Das war der große Verbandsplatz der italienischen Rombonkämpfer. Du stehst nun und verweilst hier einen Augenblick. Und denkst: daß dir ganz oben am Grat, über den die Gräben dort aufwärts kriechen, eine Granate den Fuß zerfleischt, mitten in einer bewegten Nacht, die schwarz ist wie Rabenfedern; daß du blutend, von Fieber und Qual geschüttelt, lange liegen mußt, bis man dich endlich durch ein Labyrinth von Gräben und Trichtern abwärtsschleppt, wobei du jeden Schritt der Kameraden, die dich tragen, wie zehn scharfe Messerschnitte empfindest. Bis du dann endlich in der Inferma Rombon verbadert und auf die Bahre gehoben wirst. Daß dann endlich im Dämmern des Tages zwei Träger mit schlotternden Knien dich abwärts bringen über das Gerölle, daß du ihren Beinen und Schultern
anvertraut bist auf dem Weg, der am Rande steiler Hänge und Wände dahingeht, dein Grabloch werden können, weil auch überdies von drüben die Kanonen ihr Streufeuer auf den Berg und seine Wege legen . . . Wir machen Rast. Alpini sitzen hier in der Sonne und verzehren ihr kärgliches Mittagmahl! Eine Handvoll Leute, die das alte Eisen und Gerümpel sammeln, das einst die glorreiche Armee hier zurückließ, als ihr bajuvarische Garde, Infanterie 59, an den Leib rückte ... Wir laben uns an der Quelle, die hier silberklar aus den Felsen quillt, und steigen wieder aufwärts. Der Weg führt im Zickzack durch Wildnis, über Steinhalden, klaffende Risse und Schründe, vorbei an den schußsicheren Höhlen und Kavernen, in denen die Italiener einst hausten. Überall liegen Helme sonder Zahl, wirrer Draht, ausgefranste Minen, Splitter, zerschlagene Gewehre, Fetzen von Mänteln und Schanzgerät. Wildnis, Wüstenei, Wirrsal, lachendes Chaos, wohin dein Auge blickt. Aber flinke Eidechsen huschen darüber hin, als wäre hier der letzte Rest des Paradieses. Wir stehen auf den zerschossenen Kuppen und Felsen, auf denen die Alpini „Val Tanaro" einstens eingegraben lagen. Trichter klafft an Trichter, wie aus hundert blinden Mäulern grinst und gähnt
der Boden. Kein Halm, kein Gräslein hat die Wunden geheilt, die einst unsere Geschütze rissen. Die Grabenwände bauchen sich gegeneinander, leer geschossene Patronen liegen haufenweise dazwischen, Gebeine und Knochenstücke bleichen vereinzelt zwischen rostbraunen Nickelstahlsplittern. Und man begreift auf diesen Trümmerhaufen hier, daß die Nacht, in der hundert Geschützmäuler Tod und Teufel darüberspuckten, für viele eine Irrenhausnacht wurde, aus der man sie in einen verregneten Oktobertag, der für die italienische Armee zu einem Dies nefastus wurde, hinausjagte .... Wir stehen an der Felsenwand, die sich schroff aufsteilt. Hier stand das Auge der Batteria Borgo, der Beobachter. Edelweiß leuchten aus dem Felsgemäuer herab. Wir klettern an Stricken, die angefressen sind von Regen und Sonnenschein, den Felskamin empor, bis wir endlich mit zerschundenen Händen oben stehen auf dem Gipfel. Hier lag einstens Österreichs Wehr, Infanterie 59, Kaiserschützen 2, Bosniaken 4, Jäger 20 und 7, Schützen 4 und 27. Sie alle standen hier, ein eherner Wall, an der Flitscher Klause! Und über diese Wände hinab turnten in jener denkwürdigen Oktobernacht, in der wir zum Angriff ansetzten, Sturmtrupps, Salzburger und Oberösterreicher, an Stricken und Hanfseilen über die Felsen .... Nebel kriecht träge über die Hänge empor, kalte Schleier floren aufwärts. Indes sie dir das herrliche Schauspiel, das du von hier genießt, verhängen, stürmen Visionen auf dich ein. Du siehst den Tanz von Feuerschlossen über den Berg hüpfen, hörst die Wände widerhallen im endlosen Geknatter, siehst knallrote Sternschnuppen, die im Nachthimmel zerstäuben . . . Und du denkst, eine heimliche Träne im Auge, an die Legion der Tapferen, die einst den Rombon erstiegen, um hier zu verbluten. Wilder Schmerz, Weh überkommt dich, weil du, der Verschonte, der glücklich Überlebende, weißt, daß, sie alle da unten im Talboden liegen in fremder Erde. Weil du selber sahst, wie armselig eines jeden Grab ist, eines jeden Kreuz, von dem der Regen langer Jahre schon den Namen verwischt hat . . . So schlafen die Tausend hier, wie die letzten Vergessenen im Friedhof der Namenlosen... Der Nebel zerteilt sich, Sonne bricht durch. Wir wandern schweigend durch das Gelände, die heilige Kampfstatt, die mit dem Blute von Brüdern getränkt ist. Golgatha ist jeder Zoll Boden, geheiligt und wert, daß man wie ein stummer Pilger in die Knie sinke und ihn küsse . . . Drüben im Westen leuchten die wilden Felstürme des Monte Canin. Selten, daß ein Felseneiland wilder und schauriger ist. Schroff, gezackt wachsen dort die Mauern himmelan. Wirr und zerklüftet ragen sie aus einem toten Meer von karstigen Mulden auf, aus Felsen, mit denen das Wasser ein seltsames Launenspiel trieb. Der Regen schuf diese bizarren und romantischen Plastiken. Seine Tropfen zersägten und durchlöcherten das Gestein, laugten es aus, kannelierten es, schliffen es glatt wie zu Spiegeln, fraßen Figuren hinein, bohrten und feilten darin, meißelten kreisrunde Becken aus, schürften gähnende, enge Schlünde und Schluchten darin mit kahlen, fahlen Felsbrücken und Höckern und Buckeln. Wir steigen wieder bergab durch die Wüstenei, vorbei an der Inferma Rombon, zur Kapelle der Alpini. Zerschossen und brüchig klebt sie da, blauer Himmel strahlt durch das Deckengegitter aus Eisen, von dem aller Kalk abgebröckelt ist. Vom Altar, der mit leichten Granaten umrahmt ist, blickt die Muttergottes mit dem Jesukind. Aber die Farben sind schon blaß und ins Grau spielend. Wieviel mochten wohl hier in Andacht und Ergebung das Knie gebeugt haben vor der heiligen Frau, der die Alpini aus dem Val Tanaro das kleine Heiligtum errichteten? Die Toten, die für Savoyens Schild fochten und fielen, als sie noch, gesund, mit heilen Gliedern, hier ihr Stoßgebet taten, liegen unten im Heldenfriedhof bei Flitsch, wo die Straße nach Trenta mit der Chaussee sich gabelt, die vom Predilpaß herunterführt durch die Flitscher Klause. Auf jedem Grab steht dort ein torsokleiner Stein, vor dem eine Schwertlilie grünt. Wir steigen ab. Über die Goricicaplanina, die bewohnte Sennerhütte, durch Buschwerk und an schroffen Felsmauern dahin, immer das Tal vor Augen, das in später Sonne liegt. Unten an den langen Steinriegeln, wohin sich die letzten Häuser von Flitsch verlieren, machen wir Halt. Trauriges Glockengeläute trägt der Abendwind von unten herauf an das Ohr. Schon als wir unten stehen in Flitsch, weinen noch immer die Glocken, traurig und bang .... seit langen acht Jahren rufen sie heute zum ersten Male wieder vom Turm ins Tal hinaus . . . einer jungen Frau in das frühe Grab ...."