Drei Jahre lang hatte man bereits an der Gebirgsfront vom Ortler bis zur Adria um die Gipfel im Hochgebirge  gekämpft und die Fronten hatten sich nur wenig oder überhaupt nicht bewegt. In der 12. Isonzoschlacht sollte nun eine neue Angriffstaktik zur Anwendung kommen. Der Durchbruch im Tal. Im September und Oktober 1917, als die Offensive geplant wurde, war dieses Vorhaben bei weitem nicht so logisch bzw. taktisch klug wie man es heute betrachtet. Vor dem ersten Weltkrieg hatte man dauerhafte Kampfhandlungen im Gebirge für unmöglich gehalten. Lediglich der Durchmarsch oder das Überschreiten eines Gebirges hatte man in Betracht gezogen. Das Deutsche Reich hatte zu Kriegsbeginn noch überhaupt keine Gebirgstruppen aufgestellt obwohl die südliche Reichsgrenze durch die Alpen verlief. Man betrachtete die Alpen als natürliche Barriere und die politischen und militärischen Bündnisverhältnisse ließen keinen Krieg mit den südlichen Nachbarn Österreich-Ungarn und der Schweiz erwarten. Daher verzichtete man im Deutschen Reich auf die Aufstellung einer Gebirgstruppe, im Gegensatz zu Österreich-Ungarn, Frankreich und Italien. Sie hatten mit dem aufkommenden Alpinismus in den Alpen auch damit begonnen das Gebirge militärisch zu erforschen. Der Kampf und Aufenthalt im Gebirge erforderte, wie auch heute noch, von den Soldaten besondere körperliche Leistungsfähigkeit aber auch spezielle Fähigkeiten wie Skifahren und Klettern neben der normalen Ausbildung.

 

 

In elf erbitterten Abwehrschlachten waren die Österreicher immer nur Verteidiger, doch nach der elften Schlacht waren sie in arge Bedrängnis durch die italienischen Angreifer geraten waren. Sie hatten sich aus wichtigen Verteidigungsstellungen zurückziehen müssen und waren an den Rand des Plateaus von Heiligengeist zurückgewichen. Den Befehlshabern war klar, dass sie eine zwölfte Angriffsschlacht der Italiener nicht überstehen würden. Aus dieser Not heraus wurde gemeinsam mit den deutschen Verbündeten die 14. Armee gebildet um selbst zum Angriff übergehen zu können. Alle verbleibenden Kräfte der Monarchie sollten zusammengenommen werden um dem Italiener einen entscheidenden Schlag zuzufügen und die Kampfhandlungen in die italienische Tiefebene zu tragen. Damit wäre zumindest eine günstigere Verteidigungsposition als nach der elften Schlacht erreicht worden und der Gebirgskrieg an der Isonzofront mit all seinen Schwierigkeiten hätte ein Ende gefunden. Auch hoffte man die gefüllten italienischen Magazine mit dringend benötigten Lebensmitteln und Vorräten in die eigenen Hände zu bekommen, denn die ausreichende Versorgung der K.u.K. Armee war im Oktober 1917 schon mit Schwierigkeiten verbunden. Der Durchbruch bei Flitsch und Tolmein wurde durch den damaligen Befehlshaber der Flitscher Angriffsgruppe Alfred Krauss in seinen Erinnerungen  an die Schlacht als "das Wunder von Karfreit" bezeichnet. Der unerwartet große Erfolg der Offensive mag den Beteiligten wie ein Wunder vorgekommen sein, doch ein Wunder als solches war er nicht. Nur der massive Einsatz von Giftgas als Massenvernichtungswaffe hatte den Erfolg erst möglich gemacht. Im Folgenden soll der Gaswerferangriff auf die Straßenschlucht bei Flitsch und Cezsoca so genau wie es anhand der Quellen möglich ist dargestellt und analysiert werden. Es soll herausgearbeitet werden, dass es sich um einen minutiös geplante Massenvernichtung des nahezu schutzlosen Gegeners handelte und keinesfalls um ein Wunder wie es in der zeitgenössischen Literatur dargestellt wurde. 

 

Noch in der Phase der Entscheidungsfindung darüber, ob das deutsche Kaiserreich die Österriech-Ungarische Monarchie bei der Offensive gegen Italien überhaupt unterstützen würde bestand das deutsche Oberkommando darauf, die Planungs- und Entscheidungsgewalt für die kommende Offensive selbst zu besitzten. Dem Ersuchen der Bundesgenossen wurde keineswegs vorbehaltlos entsprochen. Dafür gab es verschiedene Gründe welche nicht Thema dieser Betrachtung sein sollen. Dennoch sollen sie kurz erwähnt werden. Die Lage der deutschen Armee an der Westfront war im Oktober 1917 ebenfalls angespannt. Die Offensive der Österreicher bedeutete für die Deutschen, dass sie 7 ihrer besten Divisionen einschließlich großer Mengen Artilleriekapazitäten aus der eigenen Front herauslösen mussten. Damit wurde die Westfront geschwächt. Auf höherer Ebene hatte man noch eine andere Befürchtung. Sollte die Offensive zur Folge haben, dass Italien aus dem Krieg ausscheiden könnte befürchtetet man, die Österreich-Ungarische Monarchie könne nach der Niederkämpfung von Italien und dem bereits bestehenden Friedensvertrag mit Russland ebenfalls aus dem Krieg ausscheiden. Für die Deutschen wäre daraus ein entscheidender Nachteil entstanden. Die Entente Mächte hätten diejenigen Kapazitäten welche sie für die Unterstützung Italiens aufbringen mussten noch zusätzlich gegen das deutsche Kaiserreich richten können.

 K.u.K. Armee führte seit zweieinhalb Jahren bereits Krieg an der Gebirgsfront und verfügte über einen immensen Erfahrungsschatz an dieser Front mit all ihren Eigenheiten. Dennoch bestand des deutsche Oberkommando darauf, dass es selbst das Kommando über die 14. Armee erhielt, auch wenn die deutsche Armee nur über wenig Erfahrung im Gebirgskrieg verfügten. Dem K.u.K. Oberkommando war dies ein Dorn im Auge, doch blieb ihnen nichts anderes übrig als einzuwilligen, denn sie brauchten die deutsche Unterstützung zu sehr. 

Auch wenn es vor dem Krieg keine gesonderte Ausbildung für das Gebirge im deutschen Heer gab, so sammelten einige Einheiten in der harten Realität des Krieges Erfahrungen darüber. Einer dieser Soldaten war der deutsche Leutnant der Reserve Hans Killian. Er hatte sich als Führer der Minenwerferkompanie (MWK) Nr. 312 in den Vogesen 1915 einen Namen gemacht. Immer wieder hatte er die  französischen Alpenjäger überraschen können, indem er seine Minenwerfer überall dort zum Einsatz brachte wo es vorher niemand für möglich gehalten hatte . Der Stabsoffizier der Minenwerfer Nr. 3 (StOMin 3) Oberstleutnant Freiherr von Rössing war zum eigens für die Offensive gebildeten Armeeoberkommando Nr. 14 (AOK 14) berufen worden. Rössing besann sich des außergewöhnlichen Erfahrungsschatzes Killians und forderte ihn zur Verfügung des AOK 14 an. Killians verfasster Erlebnisbericht  über seine Beteiligung bei der Vorbereitung des Minenwerfereinsatzes während der 12. Isonzoschlacht ist eine der wenigen Überlieferungen überhaupt und damit besonders Wertvoll für die Erforschung dieser Phase der Schlacht. Der Zeitraum der Aufklärung und Erkundung der Isonzofront durch die deutschen Stabsoffiziere möchte ich daher basierend auf Killians Aufzeichnungen näher behandeln.

 

In der Nacht vom 14. auf den 15. September 1917 wurde ein Transportzug in Straßburg an der Westfront zusammengestellt. Zum Führer des Transportzuges wurde Leutnant Killian ernannt. Seinen eigentlichen Auftrag hatte man ihm verschwiegen. Es herrschte strengste Geheimhaltung, niemand durfte erfahren wohin die Fahrt gehen würde.

Von außen war dem Zug seine Besonderheit nicht anzusehen. Nur ein einziger Personenwagen war den offenen Güterwagen, beladen mit Kraftfahrzeugen und anderem Gerät, angehängt worden.

Leutnant Killian erinnert sich an den Abend der Abfahrt :

 

„Nur wenige Offiziere sind in den Abteilen untergebracht, darunter ein Pionierstab: Oberstleutnant Blum mit zwei Begleitoffizieren, der Adjutant des

StOMin Nr. 3, der kleine Leutnant Widmann und ich selbst. Hils, mein treuer Bursche ist auch dabei.

Oberstleutnant Blum ist ein dunkelhaariger, untersetzter Mann, sehr zurückhaltend und verschlossen. Irgendein Geheimnis umgibt ihn und seine Begleiter, das ist wenigstens mein Eindruck, aber ich frage nicht danach, er wird ja doch schweigen müssen. In meiner Tasche habe ich in verschlossen, versiegelten Umschlag den Transportbefehl, den ich erst nach Abfahrt des Zuges öffnen darf. Der Oberstleutnant weiß wahrscheinlich, wohin die Fahrt geht, wir aber haben keine Ahnung und sind natürlich trotz aller Arbeit mit dem Verladen mächtig gespannt.“

 

Das Geheimnis um Oberstleutnant Blum sollte sich noch Lüften, für ihn jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt. Einer der drei Geheimnisvollen Offiziere ist der spätere Nobelpreisträger für Chemie Otto Hahn. In seinen Memoiren findet sich des Rätsels Lösung, er schrieb :

 

„Unsere kleine Spezialistengruppe bestand aus Oberstleutnant Blum als Vertreter des Kommandeurs (Anmerkung: Oberst Peterson, Kommandeur der Gaseinheiten), meinem Freunde Wilhelm König als Meteorologen und mir.“

 

Gemeinsam hatten die drei Offiziere vom Großen Hauptquartier seiner Majestät den Auftrag erhalten den Einsatz von Giftgas vorzubereiten und geeignete Stellen an der oberen Isonzofront dafür auszusuchen. Zuvor hatte der vom deutschen Hauptquartier entsandte Krafft von Dellmensingen, welcher die generellen Möglichkeiten einer Offensive feststellen sollte, sich für einen Einsatz dieser gefürchteten Waffe ausgesprochen. Nach Abfahrt des Zuges erfährt auch Leutnant Killian wohin die Reise ins Unbekannte geht. Beim öffnen des Transportbefehls traute er seinen Augen nicht. Es ging an die Isonzofront, auf das Gebiet des heutigen Slowenien. Der Transportzug rollte über Stuttgart – Ulm – München – Rosenheim – durch Österreich über Salzburg – Maria Saal – Klagenfurt – Assling nach Krainburg.

 

Am 17. September 1917 erreichte der Transportzug nachts zwischen 3 und 4 Uhr den Bahnhof von Krainburg. Von Krainburg aus verlegten Oberstleutnant Frh. v. Rössing und Lt. Killian in den folgenden Tagen, nach einigen Begrüßungen und Formalitäten, näher an die Front im Raum Tolmein. Oberstleutnant Freiherr von Rössing übertrug Leutnant Killian die Planung des Minenwerfereinsatz im Gebirgsabschnitt vom Sleme über den Mrzli vrh  zum Vodil Vrh, von dort aus hinauf bis zum Krn. Hoch oben von den Schlachtfeldern auf dem Krn, verlief die Front über die Hänge des gen Norden verlaufenden Vrata – Vrsic Gebirgskammes bis an den südlichen Rand des Flitscher Beckens. Dort fiel sie über den Javorscek hinab ins Tal, querte östlich von Cezsoca den Isonzo und verlief über die beiden Anhöhen Strsice und Ravelnik durch das Flitscher Becken, bis sie über die Rombonhänge wieder in das Hochgebirge aufstieg.

 

Sein Auftrag beschränkte sich nicht nur auf die Auswahl und Verteilung der Ziele für die Minenwerfer sondern umfasste auch die Erkundung der Anmarsch bzw. Aufstiegswege und ob es überhaupt möglich war Minenwerfer in Stellung zu bringen. Alles in allem ein sehr umfangreicher und verantwortungsvoller Auftrag, welcher unter anderen Umständen sicher einem ranghöheren Offizier übertragen worden wäre.

 

Während seiner Erkundungen verbrachte er mehrere Tage in den 1. Linien im gesamten Abschnitt. Selbst die Möglichkeit eines Minenbeschusses der italienischen Stellungen auf dem Krn erkundete er selbst und geriet dabei in so manch brenzlige Situation.

Durch die intensive Aufklärung des Angriffsraumes durch Offiziere aller Waffengattungen wurden die Pläne zur Offensive von Tag zu Tag konkreter. Der Stab vergrößerte sich fast jeden Tag.

Um seinen Auftrag abzuschließen fehlte nur noch der Abschnitt der Talstellung im Flitscher Becken. Am 1. Oktober erhielt er die Genehmigung die 1. Linien im Tal bei Flitsch zu erkunden. Noch am gleichen Tag fuhren Oberstleutnant Frh. v. Rössing und Lt. d. Res. Killian nach Kronau, wo sich das Oberkommando des K.u.K. 1. Korps befand. Gemeinsam besprachen sie dort den Minenwerfereinsatz im Flitscher Becken mit dem Oberkommandierenden des K.u.K. 1. Korps General Krauss und seinem 1a, dem Oberstleutnant von Primavesi. Nach einer Übernachtung in Kronau fuhren sie in den frühen Morgenstunden des folgenden Tages über den Vrsic-Pass in das obere Soca Tal.

 

Seine Eindrücke der Fahrt durch das heute von einer einzigartig schönen Natur geprägte obere Soca Tal beschreibt Lt. d. Res. Killian wie folgt :

 

„Das obere Soca-Tal gleicht einer Dante’schen Hölle, jenem steinernen Meer, das sich zwischen Mori und Riva ausdehnt. Zu unserer Linken türmt sich das Massiv des Triglav (2864m) auf, zur Rechten die steilen Felswände des Mte. Rombon und des Mte. Canin.

Der Wagen rollt im Tal bis zu dem Ort Malnic vor. Er wird in einer schmalen Schlucht hinter den österreichischen Stellungen in Sicherheit gebracht. Weiter gehen wir zu Fuß. Vor Flitsch weitet sich das Soca Tal. Hier ist es endlich wieder grün. Bäume und kleinere Wälder fehlen nicht.“

 

Gemeinsam gingen sie in die ersten Linien der Verbündeten und besuchten einen Beobachtungsstand auf dem Ravelnik, die nördliche der beiden Anhöhen im Flitscher Becken. Von dort aus konnte man die Front gut übersehen. Heute sind beide Höhen wieder mit Bäumen bewachsen und der Ausblick ist nicht mehr der gleiche wie 1917 als die Höhen vom schweren Artilleriebeschuss fast kahl waren.

Noch vor Flitsch durchquerten die vordersten Linien der Österreicher und Italiener das Tal vom Isonzo im Süden hinauf zum Rombon im Norden. Rössing und sein Begleiter, kammen wie auch der Generalstab(welcher Generalstab? KuK oder Deutscher?) vor ihnen zu dem Schluss, dass sich der Bereich nördlich der Straße nach Flitsch und der Bereich etwa 150 m südlich der Straße für einen Durchbruch im Tal eignen würde. Das von Racheln und Dolinen durchzogene Gelände weiter südlich, einschließlich der Schlucht durch welche die Straße nach Cezsoca verläuft, hielt Lt. d. Res. Killian für zu unwegsam. Das Gebiet konnte mit seinen zerklüfteten Racheln artilleristisch nicht bekämpft werden und es war bekannt, dass die Italiener diesen Raum nutzten um Reserven bereit zu halten. Er befürchtete, so wie es auch die Erfahrung der Österreicher aus den Kämpfen 1916 war , zu hohe Verluste.

Das Problem erörtert er mit Freih. v. Rössing :

 

„Aber was soll nun südlich zwischen Fluß und Straße mit den gefährlichen MG-Nestern geschehen? Wir überlegen hin und her. Plötzlich meint Freiherr v. Rössing, das zerklüftete Gebiet eigne sich zum Vergasen. Das sei Sache des Oberstleutnant Blum. „Wie bitte? Sie sagten eben Vergasen? Haben wir denn so etwas bei der Armee?“

„Natürlich“ meinte er, „Oberstleutnant Blum gehört doch mit seinem 35. Pionierbataillon zu uns. Er kann 1000 Schuss Gasminen synchron zünden und das ganze Gebiet mit einem Schlag ausschalten.“

Ich bin perplex. Das ist also das Geheimnis, welches sich hinter diesem so verschlossenen Offizier verbirgt. Damit ist unser Einsatz bei Flitsch geklärt.“

 

Killian merkt außerdem an, dass Oberst Peterson, ein Gasspezialist des OKW im Bereich Flitsch die Möglichkeit eines Gasangriffes geprüft und für positiv befunden hätte. Oberst Peterson war wie zuvor bereits angemerkt der Kommandeur der deutschen Gastruppen. Er und die anderen Offiziere hätten diesen aber nie gesehen und erst später davon erfahren. Da Oberstleutnant Blum als sein Stellvertreter entsandt wurde, ist dessen persönliche Anwesenheit an der Front in den Augen des Verfassers eher unwahrscheinlich.

Major d. Res. Heydendorff erwähnt in seiner ausführlichen Beschreibung des Gaswerferangriffes lediglich einen deutschen Offizier, in diesem Zusammenhang. Dabei muss es sich entweder um den Oberst Peterson oder aber um den Oberstleutnant Blum bzw. einen seiner Begleitoffiziere gehandelt haben, welche am 17. September in Krainburg eingetroffen waren. Laut Heydendorff hielt sich der Offizier des Pionierstabes zunächst im Tolminer Raum auf, fand dort aber keine Verwendungsmöglichkeit. Am 20. September meldete sich dieser bei General Krauss um das Flitscher Becken in Augenschein zu nehmen. Daher liegt der Schluss nahe, dass es sich bei dem unbekannten Offizier um Oberstleutnant Blum und seine Begleiter handelte.

Oberstleutnant Blum war selbst kein Angehöriger des Pionierbataillons Nr. 35, er entschied lediglich über dessen Einsatz. Hans Killian geht in seinen folgenden Aufzeichnungen davon aus, dass Oberstleutnant Blum das Pionier-Bataillon Nr. 35 führte, doch dürfte es sich hier um einen Irrtum handeln, basierend auf der Aussage Freih. v. Rössings vom Tag der Aufklärung in Flitsch. Otto Hahn erlebte den Gasangriff ebenfalls nicht mehr, für ihn hatten sich in der Zwischenzeit bereits neue Aufgaben an der Westfront ergeben . Das Bataillon selbst wurde jedenfalls während der Offensive von Major Grafen Pfeil kommandiert. Dieser fertigte auch den Bericht an den Chef des Generalstabes des Feldheeres über den erfolgten Gaswerferangriff des Bataillons, auf welchen ich später noch eingehen werde.

 

Damit waren die Aufklärungsarbeiten für den Gaswerferangriff im Flitscher Becken abgeschlossen. Am 3. Oktober erbat General Krauss vom vorgesetzten deutschen AOK 14 die Zuweisung deutscher Gaswerferabteilungen. Zeitgleich beantragte er bei seinem eigenen Oberkommando die Bereitstellung des K.u.K Sappeur-Spezial-Bataillons .andere Quellen sprechen lediglich von der 3. Kompanie des zuvor genannten Sappeur-Spezial-Bataillons . Dieses Spezial-Bataillon hatte den bis dahin einzigen Gasangriff der K.u.K. Armee, weiter südlich im Karst-Gebiet durchgeführt  . Daher war es im Angriff mit der Gaswaffe vertraut und auch dafür ausgerüstet. Dem Antrag beim K.u.K. Oberkommando wurde sofort entsprochen und auch das AOK 14 bestätigte am 8. Oktober die Zuteilung des Pionierbataillons Nr. 35 .

 

Abmarsch von der Westfront und Aufmarsch hinter der Isonzofront des Pionierbataillons Nr. 35

 

Das Pionier-Bataillon Nr. 35 befabd sich zu Anfang Oktober im Raum Sedan an der Westfront. Dort wurde die Truppe am neue entwickelten Gaswerfer ausgebildet. In Sedan wurde das Bataillon auf einen Transportzug verladen und in Richtung der Isonzofront verlegt. Es sollte der erste Einsatz des neuen 18 cm Minenwerfers sein . Dabei handelte es sich um eine recht primitive Waffe. Ein Eisenrohr mit 18 cm Durchmesser, welches man mit dem passenden Richtwinkel in die Erde eingrub. Der Zünder, ein elektronischer Glühwendelzünder, wurde in den halbrunden Boden des Werferrohres eingesetzt und der Werfer von oben geladen. Durch die elektronische Zündung konnten mehrere Werfer gleichzeitig abgefeuert werden. Als Munition nutzte man die bereits entwickelte 18 cm Mine als Brisanz- oder Gasmine.

In meiner Sammlung befindet sich der Foto Nachlass des Soldaten August Kaldenhoff, welcher als Telegraf dem Pi.Btl. 35 zugeteilt war und mit diesem den Durchbruch bei Flitsch erlebte.

Aus dem Nachlass Kaldenhoffs geht hervor, dass sich der Transportzug am 12. Oktober 1917 im Raum Tirol/Aarlberg aufgehalten hat . Da es nur wenige Bahnlinien in Richtung der Südwest-Front gab, kam es immer wieder zu Stockungen und langen Halten auf den Strecken. Die Schlachtvorbereitungen waren in vollem Gange und das Schienennetz überlastet. Unmengen an Munition und Material mussten transportiert werden. Am 14. Oktober erreichte der Transportzug des Bataillons Tarvis und wurde am dortigen Bahnhof entladen . Von nun an war das Bataillon der K.u.K. 22. Schützendivision, der Gruppe Krauß unterstellt. Per Fußmarsch erreichte des Bataillon am 16. Oktober das zwischen Raibl und Flitsch, am Fuße des Predilpass liegende, Truppenlager Pustina. Dort erhielten es sofort den Befehl: „die südlich Flitsch und hart nördlich des Isonzo liegenden Schluchten, die artilleristisch nicht zu fassen sind, so zu begasen, daß ein wesentlicher Wiederstand aus ihnen nicht mehr geboten werden kann.“   In der Nacht vom 16. auf den 17. Okt. wurde in Tarvis mit dem Ausladen der Werferrohre begonnen. Sie wurden mit Lastkraftwagen nach Raibl am nördlichen Fuße des Predilpasses gebracht. Hier wurden die Rohre in den Bergwerkstollen, welchen man heute in der Ortsmitte besichtigen kann, gebracht. Im Bergwerk hatten die Österreicher eine elektrische Feldbahn eingerichtet welche die Rohre durch einen Stollen nach Breth (Log pod Mangartom) beförderte. Die Letzen der 900 Rohre,____________Andere Quelle für Anzahl der Rohre vergleichen___________, trafen am 18. Frühs in Tarvis ein und wurden auf direktem Wege nach Breth befördert. Lediglich eine Ladung von 88 Rohren traf nicht ein, sie war in einem Waggon mit heiß gelaufener Achse in Aschaffenburg liegen geblieben und wurde nicht mehr nachgeliefert. Von der Sammelstelle in Breth wurden die Werfer per Lastwagen in das Lager Pustina gebracht. 1.200 Träger____vergleiche Trägeranzahl bei Heydendorf______ welche zum großen Teil aus Österreichern  bestanden brachten die Rohre nun zu Fuß von der Ablegestelle nahe der Brücke über die Koritnica zu den Depots nahe den jeweiligen Einbaustellen bei Flitsch. Dabei gingen weitere 18 Rohre verloren die vermutlich samt ihren Trägern in die Koritniza gestürzt waren. Nachforschungen auf dem zurückgelegten Weg waren Erfolglos. Der Kommandeur der deutschen Gastruppen geht in seinem Bericht davon aus, die 18 Rohre seien von den Trägern absichtlich in die Koritnica geworfen worden.  Auf die gleiche Weise wurden je 1000 Spreng und 1000 Gasminen in die Positionen gebracht. Die Sprengminen waren in erster Linie als Ausweichmöglichkeit gewählt, denn man traute dem Wetter im Gebirge nicht. Schnell hätte ein Gaseinsatz unmöglich werden können. Nur schwacher Gegenwind hätte ein Rückströmen des Gases in die eigenen, nur einige hundert Meter entfernt liegenden Stellungen, bewirken können. Der Erfolg des Gasangriffes hing von zwei Dingen ab. Zum einen erforderte es eine minutiöse Planung und auch Geheimhaltung, maßgeblich jedoch wurde der Erfolg vom Wetter beeinflusst. Nicht zu Letzt deswegen hatte man den eingangs erwähnten Meteorologen Wilhelm König schon in der Vorbereitungsphase zum Planungsstab berufen.  Am Tag der Offensive konnte man nichts dem Zufall überlassen. Dazu waren bereits vor dem Eintreffen des Battaillons sorgfältig das Wetter und den Wind beobachtet worden. Während des Tages hatten westliche bis südwestliche Winde vorgeherrscht, in der Nacht jedoch herrschte nahezu Windstille oder aber Winde aus nordöstlicher Richtung. Die günstigsten Bedingungen zum Abschuss einer Gassalve in Richtung der italienischen Stellungen bestand also Nachts. Um diese Erkenntnisse sicher zu bestätigen wurden am Ostrand des Flitscher Beckens unmittelbar nach dem Eintreffen des Battaillons vier Wetterstationen eingerichtet. Es befand sich je eine auf den Uferhöhen rechts und links des Isonzo , eine dritte unmittelbar bei den Einbaupositionen sowie eine vierte an der Straße Pustina – Flitsch. Während die Träger noch Gas- und Brisanzminen in die Einbaupositionen hinter dem Ravelnik nahe Vodenca brachten, hatten die deutschen Pioniere die insgesamt 894 Werferrohre eingegraben und miteinander verkabelt. Bis zum Abend des 23. Oktober waren diese Arbeiten abgeschlossen. Direkt hinter den Feuerstellungen waren Unterstände angelegt worden, die einfachen Schutz gegen Splitter boten. Den ganzen Tag über beobachteten die Meteorologen das Wetter. Spät Abends um 22:30 Uhr zeigte sich das Wetter günstig für den Gasangriff. Es wurde Befehl erteilt mit Gasminen zu laden. Fieberhaft begannen die Pioniere in den Unterständen die Minen scharf zu machen. Es war Nebel aufgezogen  und die Pioniere mussten aufpassen keine Fehler beim Laden der Werferrohre zu machen. Gerade noch Pünktlich gegen 02:00 Uhr morgens am Tag der Schlacht waren alle 894 Rohre geladen. Um 01:30 Uhr meldeten die drei Wetterbeobachtungsstellen nahezu Windstille, die Stelle in der Feuerstellung leichte Windströmung in Richtung Nordost. Die optimalen Bedingungen für den Angriff waren gegeben. Um 02:05 erfolgte der Angriff. 803 Gaswerfer feuerten gleichzeitig mit einem dumpfen Geräusch ihre tödliche Ladung auf die Italienischen Stellungen. Bei 29 Werfern kam es zum Zerspringen des Rohres, sogenannte Rohrkrepierer. Bei weiteren 62 versagte die Glühzündung oder das Zündkabel. Die Werferstellung hatte sich mit dem Gas der Rohrkrepierer gefüllt an ein Arbeiten ohne Gasmaske war nicht mehr zu denken. Schwer und Anstrengend war es für die Pioniere die Zündleitungen wieder herzustellen. Die Sichtgläser der Maske beschlugen immer wieder und auch das Atmen durch den Filter der Maske war deutlich schwerer. Dennoch gelang es bis 02:40 Uhr noch 16 Rohre der Zündversager abzufeuern. Auf den Rest der Rohre musste verzichtet werden, es gelang nicht sie bis 04:30 Uhr feuerbereit zu machen. Danach durfte nicht mehr mit Gas geschossen werden um die eigene Infanterie beim Sturm in den Morgenstunden nicht durch Kampfstoffreste zu gefährden. Da auch die Artilleriestellungen mit Gasgranaten von der restlichen Angriffsartillerie im Flitscher Becken beschossen wurden, kam es zu keinen Verlusten durch die feindliche Artillerie. Lediglich zwei Werferrohre wurden durch einen Granatvolltreffer zerstört, allerdings erst nach dem Gasüberfall. Lebhaft tasteten die Lichtkegel aus den italienischen Stellungen umher. In deren Licht konnten die Deutschen die vom Rückstoß in die Erde gerammten Rohre ausgraben, neu einrichten und mit Brisanzminen laden. In der Nähe der Rohrkrepierer konnte zunächst gar nicht gearbeitet werden. Doch bald musste in der gesamten Feuerstellung die Arbeit eingestellt werden. Schwache Westwinde hatten das freigewordene Gas von einigen Kurzschüssen in die Stellung geweht, gegen 5:30 Uhr hatte sich der Nebel stark verdichtet und war in Regen übergegangen. Bis 6 Uhr morgens konnten die Pioniere selbst mit Gasmasken die Stellung nicht betreten. Sogar die im Umgang mit dem Gas ausgebildeten Pioniere hatten 7 Gaskranke zu beklagen, davon ein schwer und sieben leicht Gaskranke. Sie hatten sich vergiftet weil sie den zu Anfang nur leichten Gasgeruch nicht wahrgenommen hatten. Ein Österreichischer Zugführer und ein Soldat des K.u.K. Schützenregiments 2 erlitten schwere Gasvergiftungen weil sie nicht rechtzeitig vor dem Gas geflüchtet waren. Sie starben trotz ärztlicher Behandlung noch am Morgen. 

Viele Gaswerfer konnten so nicht mehr mit Brisanzminen geladen werden. Morgens um 6:30 Uhr drehte der Wind und wehte nun zu den Italienern. So gelang es, je eine Salve mit Beginn des Wirkunksschießens und eine mit Beginn der höchsten Feuersteigerung 2 Salven mit Brisanzminen von insgesamt 269 Schuss auf die vorherigen Gasziele bis 8:30 Uhr abzufeuern. 

 

Pünktlich um 9:00 Uhr trat die Infanterie im Flitscher Becken zum Sturm auf die italienischen Stellungen an. So auch die 22. Schützendivision vom Fuße des Rombon bis zum Isonzo. Die Angriffsgruppe des Oberleutnant Busch welche rechts und links des Vergasten Bereiches angriff traf auf keinen flankierenden Widerstand aus der Straßenschlucht. So konnte das Bataillon welches am nördlichen Ausgang der Straßenschlucht vordringen sollte sich schnell mit der restlichen Stoßgruppe vereinen und gemeinsam mit ihr in den Ort Flitsch eindringen und ihn erobern. „Von der Schlucht südlich der Angriffslinie herrschte die Stille des Todes“, berichtete der Kommandeur der Gastruppen. Die Infanterie war gewarnt worden die Schlucht zu betreten. Zur Sicherheit waren der Infanterie welche nahe dem vergasten Bereich vorging Gassicherungspatrouillen der Pioniere beigefügt worden.

Zur gleichen Zeit durchschnitten 3 Sturmpatrouillen des Pionier Bataillon 35  die Drahthindernisse vor der vergasten Schlucht und drangen in sie ein. Etwa 7 Stunden nach dem Gasüberfall war das Gas verflogen nur in einigen Niederungen und Kavernen hatten sich noch geringe Reste gehalten. Um 10:15 Uhr meldeten die Stoßtrupps, dass die Schlucht komplett Gasfrei ist . Sie trafen auf keinen feindlichen Widerstand mehr, lediglich vom linken Isonzoufer wurden sie durch MG-Feuer belästigt . Außer einigen wenigen schwer gaskranken Italienern in den vordersten Linien fanden sie nur mehr Gastote in der Schlucht selbst. Dem Anschein nach hatte sie der Tot plötzlich ereilt . Nur wenige Italiener hatten die Masken aufgesetzt, auch deren Lage ließ darauf schließen, dass sie überrascht wurden.  Auch alle anderen Lebewesen erlagen dem Gas, so wurden verendete Pferde, Hunde und Ratten in den Stellungen gefunden. Im offiziellen Bericht des deutschen Kommandeurs der Gastruppen an den K.u.K. Generalstab wird von etwa 500 – 600 Toten Italienern in der Straßenschlucht ausgegangen . Diese Zahl wiederholt sich in allen anderen Quellen und ist als realistisch anzunehmen.

 

 

 ____________________zielauswahl und shussweiten der zielpunkte___________Ende S. 181 Gasschutz artikel