Biegt man in Kobarid Richtung Drežniške Ravne und Ladra ab, überquert man die Soča über die Napoleonbrücke. Die Soča fließt hier durch einen engen Felskanal und bietet von der Brückenmitte ein beliebtes Fotomotiv für Besucher. Es bietet sich an das Auto beim nahe gelegenen Supermarkt abzustellen, da es an der Brücke keine Parkmöglichkeit gibt. Die Napoleonbrücke über die Soča bei Kobarid/Karfreit hat seit je her eine infrastrukturelle Bedeutung für die Region, war sie doch eine der wenigen Brücken über die reißende Soča. In den Jahren 1758/1759 ersetzte man die hölzerne Brückenkonstruktion aus vorherigen Jahrhunderten durch eine steinerne Bogenbrücke. Obwohl der Name Napoleonbrücke vielleicht vermuten lassen könnte, sie sei von französischen Truppen erbaut worden, trägt sie nur den Namen Napoleons weil sie in der Zeit entstand in der sich französische Truppen in der Gegend aufhielten. Sicher nutzten auch die französischen Truppen diesen Flussübergang, aber sie erbauten sie nicht. Gleiches gilt übrigens auch für die Napoleonbrücke über die Nadiza nahe der heutigen italienischen Grenze.
Im Ersten Weltkrieg verlor die Brücke nicht an Bedeutung. Über die Ereignisse in den ersten Kriegstagen in Kobarid/Karfreit berichtet Ivan Šavli aus dem nahe gelegenen Ladra im Buch von Vasja Klavora "Schritte im Nebel" auf S. 50 folgendes:
"Die Atmosphäre in den Tagen vor dem Einmarsch der italienischen Einheiten in unsere Orte war irgendwie beängstigend und unruhig. Die Beamten verließen ihre Arbeitsplätze und zogen in das Innere des Staates. Gendarmen und andere folgten ihnen. Die Kasernen in Karfreit wurden entleert. Die letzten fortziehenden Soldaten rieten uns, weiße Fahnen zu hissen. Die Dorfbewohner waren verwirrt, sie lungerten herum und versammelten sich in den Dörfern. Voller Sorge fragten sie sich gegenseitig, was nun wohl geschehen werde. Die Großväter klügelten und trösteten, daß man keine Angst haben solle, denn es werde nichts Schlimmes geschehen. Es wird um die Hauptstadt gehen, und wenn Triest in ihren Händen sein wird, werden auch wir ihnen gehören. Über uns sammelten sich die dunklen Wolken des brutalen Krieges. Niemand ahnte, was uns der Nächste Tag bringen wird. Niemand wußte, daß unser alter einsamer Krn zum Schauplatz mehrjähriger blutiger Kämpfe werden und man um jeden noch so kleinen Hügel, um jede Anhöhe und jedes Haus kämpfen wird. In den frühen Morgenstunden des 24. Mai (Anmerk. 1915) ließ eine heftige Explosion die Erde erbeben. Die an der Straße bei der Karfreiter Isonzobrücke angebrachten Minen stürzten die 156 Jahre alte steinerne Napoleonbrücke zusammen mit der Straße in das Flußbett. In den Jahren 1758 bis 1759 steurten alle Gemeinden von Podmelec bis Podbela, bis zur Grenze im Karfreiter Winkel Geld für die Erbauung dieser Brücke bei. Besorgt blickten die Bewohner am linken Isonzoufer in Richtung Grenze, Matajur und Kolovrat. Noch am gleichen Tag in den Nachmittagsstunden bemerkten wir in den Matajurhängen italienische Soldaten..."
Nachdem sich die schwachen Österreich-Ungarischen Truppen auf das linke Sočaufer zurückgezogen hatten nahmen die Italiener Kobarid kampflos ein. Von nun an nannten sie es Caporetto. Nur zaghaft wagten sie es, mit Pontonbrücken die Soča zu überschreiten und in das Krngebirge vorzudringen. Schnell fand der Bewegungskrieg ein jähes Ende. Nach anfänglichen Erfolgen gegen die schwachen Verteidiger erhärtete sich die Frontlinie im Gebirge und der Stellungskrieg begann. Das italienische Oberkommando hatte die entscheidende Chance, nämlich die schwachen Verteidiger zu überrennen so lange sie schwach waren, durch unentschlossenes Vorgehen vertan. Bald konnten die Verteidiger ihre Linien verstärken und die Angriffe der Italieiner scheiterten blutig in den Berghängen des Krngebirges. Von nun an bewegte sich die Front nicht mehr bis zum erfolgreichen Durchbruch der Österreich-Ungarisch-Deutschen 14. Armee im Oktober 1917. Die Truppen im Krngebirge mussten versorgt werden, so dass die italienischen Pioniere schnell wieder eine Holzbrücke am Platz der Alten errichteten. Mit dem Fortdauern des Krieges sollten aber auch immer schwerere Geschütze in die Kämpfe eingreifen und man ersetzte die Holzbrücke durch eine Konstruktion aus Eisen, die in der Lage war die tonnenschweren Geschütze zu tragen. So rollte täglich der Nachschub über die Napoleonbrücke hinauf zu den Schlachtfeldern.
Am 24. Oktober 1917, dem Tag des Durchbruchs, wandte sich das Blatt für die Italiener und nun waren sie es die sich hastig über die Napoleonbrücke zurückzogen. Auch von diesem Tag kann uns die Zeitzeugin Fini Vec im Buch "Schritte im Nebel" von Vasja Klavora auf S. 308 berichten:
"...Jemand, der mit uns in der Baracke war und mit dem Fernglas den gegenüberliegenden Hügel beobachtete, schrie plötzlich vor Grauen auf und sagte uns mit todbleichem Gesicht, dass er deutsche und österreichische Stahlhelme sehe und dass die Soldaten bereits ihre Maschinengewehre in Stellung brächten. Kaum hatte er das gesagt, pfiffen schon die ersten Kugeln heran, und schreiend verließen wir die Baracke. Wir rannten wieder Richtung Isonzo. Dort sahen wir alles von den Italienern zurückgelassene: Waffenberge, Mäntel, Uniformen, tote und schwer verwundete Soldaten und Offiziere, die Pferde und Hunde rannten wild umher...
... Unser Fluchtweg führte uns zur Brücke über den Isonzo unterhalb von Karfreit. Wir erreichten sie mit blutigen Händen und Füßen, zerlumpt und mit durchnässten Kleidern.
Die Eisenbrücke hatten die Italiener auf den Fundamenten der alten gebaut. Als wir bereits mitten auf der Brücke waren, schrien uns die Soldaten zu, dass sie die Brücke sprengen würden. Trotzdem kamen wir, einige Soldaten und Zivilisten mit den letzten Kräften über die Brücke. Als wir uns einige hundert Meter von der Brücke entfernt hatten, flog sie in die Luft, und der heftige Luftdruck warf uns zu Boden. Nachdem wir wieder zu uns gekommen und der Rauch und der Staub verflogen waren, sahen wir erst welch blutiges Gemetzel die umherfliegenden Eisenteile der gesprengten Brücke verursacht hatten..."
Siehe auch: Ein seltener Vergleich in Karfreit
Wie schon die Österreicher 1915 sprengten also auch die Italiener die Brücke um den Vormarsch aufzuhalten. Diesmal gab es aber einen entscheidenden Unterschied. Zu Kriegsbeginn zogen sich die Österreich-Ungarischen Truppen geordnet und in Ruhe zurück, doch die Italiener wurden von der Großoffensive der 14. Armee überrascht und zogen sich in Auflösung begriffen fluchtartig zurück. Irgendwann muss einer der italienischen Offiziere die Nerven verloren haben und befahl die Sprengung der Brücke. Den Vormarsch der Angreifer stoppten sie so nicht, denn die Deutschen drangen auf beiden Seiten der Soča von Tolmin in Richtung Kobarid vor. Ihrer eigenen Armee im Krngebirge schnitten sie jedoch den Rückzugsweg nach Italien ab. Alle italienischen Soldaten auf dem linken Sočaufer gerieten in Gefangenschaft. Geschütze, Munition und alles Andere musste zurückgelassen werden. Nachdem die Gegend um Kobarid im Jahr 1918 nur noch Fronthinterland war baute man erneut eine Holzbrücke die nach Kriegsende dann durch die heutige Betonbrücke ersetzt wurde. Noch immer wird sie Napoleonbrücke genannt, an die Tragödien welche sich dort abspielten erinnert aber nur noch wenig.
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